Die geheimnisumwitterten Skythen treten auf den Plan
Mit der Zerstörung des israelitischen Nordreiches durch die Assyrer geriet Israel in die Verbannung. Gott hatte jedoch versprochen, daß sie nicht vollständig untergehen, sondern letztendlich zu Weltmächten aufsteigen sollten. Wohin gelangten die Israeliten nach ihrem Exil und wo können wir sie heute finden?
Die Erforschung der Abstammung alter Völker ist eine extrem schwierige Aufgabe. Bei der Interpretation der historischen Bruchstücke und Dokumente gehen die Meinungen der Geschichtswissenschaftler,Archäologen und anerkannten Universitätsprofessoren oft weit auseinander.
Die Herkunft alter Völker liegt häufig völlig im dunklen. Aufzeichnungen über sie gingen verloren oder wurden zerstört. Wir müssen deshalb das verfügbare historische und archäologische Beweismaterial sorgfältig mit den Prophezeiungen der Bibel vergleichen.
Die geschichtliche und archäologische Forschung haben eine Reihe substantieller Informationen gesammelt, die sich wie Teile eines Puzzles zusammensetzen lassen. Je mehr davon vorhanden sind, um so einfacher ist es, ein genaues Bild der Geschichte zu erhalten.
Spuren der Geschichte
Historiker sind einer Meinung darüber, daß die meisten Vorfahren der Menschen der westlichen Welt früher als Nomaden die riesigen Weideland-Ebenen der Antike besiedelt hatten, die auch als die eurasischen Steppen bekannt sind.
Eines dieser Wandervölker, von den Griechen als Skythen bezeichnet, erschien plötzlich auf der Bildfläche der eurasischen Steppen. Dies geschah genau zu der Zeit, als sich die Spur der zehn israelitischen Stämme verlor. Gibt es vielleicht eine Verbindung zwischen beiden?
Die eurasischen Steppen erstrecken sich über etwa 6500 km hinweg, vom Fuße der Karpaten in Europa bis hinein in die Mongolei in Ostasien. Sie bilden eine einzigartige geographische Einheit natürlichen Weidelandes, das in jedem Frühjahr in ein wogendes, faszinierendes Meer von Wildblumen verwandelt wird.
Diese fast unermeßliche Ebene war für eine Gesellschaft, die von Ackerbau und Viehzucht lebte, hervorragend geeignet. Archäologen haben umfassende Beweise dafür entdeckt, daß in der Antike Nomadenstämme dieses Gebiet regelmäßig mit ihren grasenden Herden in großen zyklischen Routen zwischen Frühjahr und Herbst durchzogen.
Vor ca. 2000 Jahren jedoch bewirkten klimatische Veränderungen die Verwandlung großer Teile der zentralasiatischen Steppen in Wüstengebiete. Die Trockenheit erreichte ein solches Ausmaß, daß die früheren Weiderouten, wie sie vor 2700 bis 2100 Jahren genutzt wurden, nicht mehr zur Verfügung standen (Tamara Talbot-Rice, The Scythiens, 1961, Seite 33).
Das plötzliche Auftauchen der Skythen
Heutige Gelehrte halten drei Theorien bereit, welche das plötzliche und mysteriöse Auftreten der Skythen in den Steppenregionen nahe des Schwarzen Meeres erklären sollen. Die einen vermuten eine Einwanderung von Norden, die anderen eine von Süden und die dritte Gruppe eine von Osten her.
Obwohl der geographische Ursprung der Skythen heiß umstritten ist, gibt es über den Zeitpunkt ihres ersten Auftretens keine Meinungsverschiedenheiten. Sie tauchten zum selben Zeitpunkt und urplötzlich in der Nähe der Gebiete auf, als die Israeliten daraus augenscheinlich verschwanden.
Die Encyclopaedia Britannica sagt dazu: „Die Skythen waren ein Volk, das in der Zeit vom 8. bis zum 7. Jahrhundert v. Chr. von Zentralasien nach Südrußland einwanderte“ (15. Ausgabe, Band 16, Oberbegriff „Scythians“, Seite 438). Die Encyclopedia Americana erklärt, daß die Skythen um 700 v. Chr. zuerst das Gebiet um das Schwarze Meer besetzten und daß sich daraus eine „geschlossene politische Einheit“ entwickelte (Ausgabe 2000, Band 24, Stichwort „Scythians“, Seite 471).
Die Historikerin Talbot-Rice bestätigt, daß „die Skythen vor dem 8. Jahrhundert v. Chr. keine erkennbare politische Einheit darstellten ... Um das 7. Jahrhundert v. Chr. hatten sie sich im südlichen Ruß- land stabil etabliert ... Ähnliche Stämme, möglicherweise sogar verwandte Sippen, die politisch sicher unabhängig und unterschiedlich waren, siedelten auch im Altaigebiet [im Grenzbereich Rußland, China, Mongolei] ...
Assyrische Dokumente datieren ihr Erscheinen [zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer] in die Zeit von Kö- nig Sargon (722-705 v. Chr.), eine Zeit, die derjenigen sehr nahe kommt, in der die erste Gruppe von Skythen in Südrußland auftaucht“ (Talbot-Rice, Seite 19-20, 44). Diese Zeitangabe stimmt auch genau mit dem bereits erwähnten Zeitpunkt für die Gefangennahme der Israeliten überein.
Historische Aufzeichnungen vom spä- ten 8. Jahrhundert v. Chr. aus dem kaukasischen Königreich Urartu, das die nördlich vom Euphrat gelegenen Territorien kontrollierte, berichten auch vom Auftreten einer Gruppe, die als Kimmerier bezeichnet werden.
Im Buch From the Lands of the Scythians ist zu lesen: „Es scheint, daß zwei Gruppen, nämlich die Kimmerier und die Skythen in den assyrischen und UrartuTexten erwähnt werden. Es ist jedoch nicht immer klar, ob die Begriffe auf zwei unterschiedliche Völker oder auf eng verbundene Nomadenstämme hinweisen ... Ab der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. beziehen sich die assyrischen Quellen auf Nomaden, die als die Kimmerier identifiziert wurden. Andere assyrische Quellen berichten zum einen über den Aufenthalt dieser Menschen im Gebiet der Mannai [oder auch Mannea, südlich des Sees Urmia] und in Kappadokien [ca. 750-650 v. Chr.] und zum anderen über ihre Versuche, in Kleinasien und in Ägypten einzudringen ...
Die Assyrer setzten in ihrer Armee die Kimmerier als Söldner ein; so berichtet ein Gesetzestext von 679 v. Chr. über einen Assyrer, der als ,Kommandeur des Regimentes der Kimmerier‘ bezeichnet wird. In anderen assyrischen Dokumenten werden sie als ,Nachkommen der Flüchtlinge bezeichnet, die keine Götter fürchten‘ “ (Boris Piotrowski, 1975, Seite 15, 18).
Der Historiker Samuel Lysons war der Meinung, daß die Bezeichnung „Kimmerier nur ein anderer Name für die Gallier oder Kelten ist“ (John Henry und James Parker, Our British Ancestors: Who and What Were They?, 1865, Seite 23 und 27).
Die angesehene dänische Sprachforscherin Anne Kristensen kam zu dem Schluß, daß die Kimmerier (die später als Kelten bekannt wurden) eindeutig als die deportierten Israeliten identifiziert werden können. Am Anfang ihrer Forschungen war sie sehr skeptisch und vertrat auch die traditionelle Ansicht, daß die Kimmerier „arische“ Stämme seien, die die Skythen aus dem Norden verjagt hatten, wie es die Theorie Herodots war.
Doch je mehr Einblick sie in die assyrischen Quellen gewann, um so deutlicher wurde, daß die Kimmerier wenigstens einen Teil der verlorenen zehn Stämme Israels repräsentieren. Dabei stellte sie fest, daß die Kimmerier erstmals um 714 v. Chr. im Gebiet des heutigen Iran erwähnt werden, das südlich von Armenien liegt, dort, wo die assyrischen Herrscher viele der deportierten Israeliten angesiedelt hatten.
Dr. Kristensen schreibt: „Es gibt fortan kaum noch Gründe, die zweifellos aufregende und überraschende Behauptung der Fachleute anzuzweifeln, wonach die unter der Bezeichnung ,Bit Humria‘ oder ,Haus Omri‘ bekannt gewordenen deportierten Israeliten identisch sind mit den in den assyrischen Quellen genannten ,Gimmirraja‘. Alles deutet darauf hin, daß die Israeliten im Exil nicht einfach von der Bildfläche verschwunden sind. In der Fremde können wir ihre Spuren durch die Geschichte hindurch weiterverfolgen“ (Who Were the Cimmerians, and Where Did They Come From?: Sargon II, the Cimmerians, and Rusa I., übersetzt aus dem Dä- nischen von Jorgen Laessøe, The Royal Danish Academia of Sciences and Letters, Nr. 57, 1988, Seite 126-127).
Bemerkenswert ist außerdem ein Geheimbericht des assyrischen Kronprinzen Sennacherib. Archäologen fanden diesen bei Ausgrabungen in den königlichen Archiven von Ninive. Gemäß diesem Bericht haben die Kimmerier-Nomaden Urartu siegreich angegriffen. Umgehend trafen die Assyrer Vorkehrungen für eine Invasion Urartus, die 714 v. Chr. auch stattfand.
Eine Allianz der Skythenstämme
Am meisten profitierten die Skythen von den Konflikten, die um das UrartuReich entstanden. Etwa um 700 v. Chr. erlangten sie die Kontrolle über das Gebiet des alten Reiches Urartu, wobei ihre Stämme sich zu einem Bund zusammenschlossen. Die Griechen bezeichneten ihn als das Königreich der Skythen.
Die Skythen besaßen eine bemerkenswerte Fähigkeit, größere Truppenkontingente über den Kaukasus zu führen. Dabei standen ihnen die Kaukasus-Pässe wie der Kreuzpaß (der auch als Tor des Kaukasus bezeichnet wird) zur Verfügung. Obwohl höher als manche Alpenpässe, bleibt er relativ lange eisfrei. Dieser Paß war im Altertum auch als „Weg der Skythen“ bekannt. Professor Burenhult von der Universität Stockholm schreibt: „Es heißt, die Skythen seien die erste leichte Kavallerie der Welt gewesen“ (Die Kulturen der Alten Welt, herausgegeben von Göran Burenhult, Augsburg, 2000, Seite 191).
Bereits vor ihrer Vertreibung hatten die zehn nördlichen Stämme Israels wichtige Informationen über Urartu und dessen strategische Bedeutung gewinnen können. Verantwortlich dafür waren Handelsbeziehungen in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. Seinerzeit war Urartu verschiedene Bündnisse mit den an Israel grenzenden Kleinstaaten Syriens eingegangen.
Der König eines dieser Kleinstaaten, Rezin, unterstützte den israelitischen Kö- nig Pekah bei dessen Angriff auf das Südreich Juda etwa um das Jahr 735 v. Chr. (2. Könige 16,5-6). Zu dieser Zeit kontrollierte Urartu das ganze Gebiet zwischen dem Mittelmeer und dem südlichen Kaukasus. Davon zeugen archäologische Funde aus Ägypten,Assyrien, Persien und dem Mittelmeerraum.
Die Herkunft der Skythen
Der Begriff „Skythe“ sei, so der Historiker George Rawlison, ursprünglich eher für die Beschreibung einer Lebensweise verwendet worden denn als Beschreibung von Verwandtschaftsbeziehungen. Dieser Begriff sei „von den Griechen und Rö- mern ohne Unterscheidung für die indoeuropäischen und turanischen Rassen [Türkvölker]“ verwendet worden. Damit habe man zum Ausdruck bringen wollen, daß es sich dabei um Menschen mit einer nomadischen Lebensweise gehandelt hat (Rawlison, Seven Great Monarchies, Band 3, 1884, Seite 11).
Der Begriff „Skythe“ findet heute hauptsächlich in Verbindung mit den Bezeichnungen „Saka“ oder „Sacae“ Verwendung. Die so Bezeichneten stiegen zu führenden Stämmen der Skythenkultur auf. Angetrieben von einem dynamischen Lebensstil entwickelten sie politische, künstlerische, ökonomische und soziale Führungsqualitäten. Es waren die Stämme der „Saka“ oder „Sacae“, deren Lebensweise bestimmte, was in den weiten Ebenen zwischen Schwarzem Meer und den Bergen der Mongolen unter dem Begriff „Skythe“ schon seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. zu verstehen war.
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Historiker der Ansicht, die Sky then stammten von den mongolischen Völkern Asiens ab. Neuere anthropologische Forschungen haben jedoch gezeigt, daß diese Annahmen falsch sind. So gelangten die Fachleute zur Überzeugung, daß es zwischen den Saka-Skythen einerseits und den Mongolen oder den slawischen Völkern andererseits keine Verbindungen gibt.
Die Griechen hatten vor dem 8. Jahrhundert v. Chr. alle in den eurasischen Steppengebieten lebenden Stämme einheitlich als „Skythen“ bezeichnet. Zwischen 700-500 v. Chr. traten Saka-Skythen als die herausragenden Bevölkerungsgruppen aus diesen Stammesverbänden hervor. Zusammen mit anderen Stämmen des Nahen Ostens, wie z. B. den auswandernden Medern, Elamitern und Assyrern wurden sie in dieser Zeit zu Herrschern über die eurasischen Ebenen.
In der Tat waren die vorherrschenden Bewohner Westsibiriens bis ins 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. hinein „blondhaarige Menschen europäischer Herkunft, aus denen erst nach dieser Zeit durch Verbindungen mit Mongolenstämmen ein sehr gemischter Bevölkerungstyp entstand“ (Rice, Seite 77). Archäologische Recherchen im 20. Jahrhundert ergaben, daß die Saka-Skythen den heutigen Europäern physisch sehr ähnlich waren.
Verbindungen zur biblischen Prophetie
Was hat Gott über die Israeliten in deren Exil prophezeit? Er bezeichnet sie als „Haus Isaak“ (Amos 7,16). Er versprach auch, daß sie in der Zeit ihrer Gefangenschaft als Volk nicht untergehen würden (Amos 9,8 u. 14; vgl. mit Hosea 11,9; 14,4-7). Ihre Zahl sollte wegen des Bundes mit Gott und wegen dessen großer Gnade und Barmherzigkeit nach dem Exil „wie der Sand am Meer“ werden (Hosea 2,1).
Nach ihrer Verschleppung durch die Assyrer wurden die Israeliten „in Halach und am Habor, dem Fluß von Gosan [in Nordassyrien], und in den Städten der Meder“ angesiedelt (2. Könige 18,11). Dieses Gebiet liegt nicht weit von Urartu, das sich zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer befand, dort, wo die Skythen zeitweilig ein Reich errichtet hatten.
Hosea prophezeite, daß die Israeliten „unter den Heiden umherirren“ sollten (Hosea 9,17). Hier haben wir die Erklärung dafür, weshalb die verbannten Israeliten als Volk scheinbar vollständig aus dem Blickfeld verschwanden. In der Geschichte erschienen sie wieder als voneinander unabhängige Sippenverbände, welche die eurasischen Steppen durchzogen. Sie hatten eine neue Identität angenommen und konnten nicht mehr als Israeliten identifiziert werden. Erhalten blieben nur noch ihre alten Namen, jene der Großfamilien. Diese Tatsache sollte sich als überaus wichtig für die Identifizierung der verlorenen zehn Stämme erweisen.
Die skytisch-keltischen Verwandtschaftsverhältnisse
Zur gleichen Zeit, zu der am Schwarzen Meer die Skythen erschienen, tauchte im westlichen Europa eine andere Zivilisation auf. Der Historiker Peter Ellis schreibt in seinem Buch The Ancient World of the Celts: „Mit Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. bewegte sich plötzlich eine Zivilisation in alle Richtungen durch Europa. Sie war aus indoeuropäischen Wurzeln hervorgegangen und kam aus den Ursprungsgebieten von Rhein, Rhône und Donau.
Metallwerkzeuge, insbesondere Waffen aus Eisen, ermöglichten den Siedlern, sich ungehindert nach allen Seiten auszubreiten. Griechische Kaufleute, die ihnen erstmalig im 6. Jahrhundert v. Chr. begegneten, nannten sie Keltoi und Galatai ... Wir bezeichnen sie heute generell als Kelten“ (1999, Seite 9).
Die Kimmerier waren zur Zeit der babylonischen Eroberung Assyriens aus dem Nahen Osten nach Kleinasien geflohen. Daß zwischen ihnen und den europäischen Kelten eine Verbindung bestanden hat, dafür gibt es Beweise. Die Kimmerier wanderten in Europa entlang der Donau und wurden dort als Kelten bekannt. Manche Historiker sind zu dem Ergebnis gekommen, daß die Kelten und die Skythen eine gemeinsame Herkunft haben.
Die Griechen und Römer bezeichneten alle Völker nördlich der Grenzen des alten Römischen Reiches bzw. der griechischen Stadtstaaten als Barbaren. Ausländer, die ihre politische und kulturelle Führerschaft nicht anerkannten, wurden so genannt und zwar unabhängig davon, wie fortschrittlich deren Kultur und Bildungsstand waren.
Diese Völker waren groß gewordene Familienclans, welche unter vielen unterschiedlichen Namen bekannt wurden. Zweifellos waren darunter einzelne Großfamilien unterschiedlicher ethnischer Herkunft, die alle etwa zur gleichen Zeit aus den östlichen Gebieten des zerfallenden assyrischen Reiches geflohen waren.
Viele dieser sogenannten Barbarenstämme waren jedoch nach Rasse und Kultur miteinander verwandt. Wir sollten uns deshalb nicht wundern, wenn sich auch die Sprachen dieser Stämme auf eine gemeinsame Ursprache zurückführen lassen. Genau dies hat man festgestellt!
Die Sprachenverbindung
Sprachen werden in Familien eingeteilt. Die Sprachfamilie der nordwesteuropäischen Völker wird als germanischer Zweig der indoeuropäischen Sprachen bezeichnet. Die Geschichte dieser Sprachfamilie liefert wichtige Anhaltspunkte für Verwandtschaftsverhältnisse jener Barbarenstämme, aus denen sich letztendlich die demokratischen Staaten Nordwesteuropas entwickelt haben.
Heute sind die in diesem Raum lebenden Völker durch Landesgrenzen voneinander getrennt. Sie sprechen unterschiedliche Sprachen wie Dänisch, Deutsch, Englisch, Französisch und Schwedisch. Ebenso gibt es verschiedene Dialekte wie beispielsweise Hoch- und Niederdeutsch. Solche Unterschiede gab es offenbar noch nicht, als die sogenannten Barbaren in diese Gebiete einwanderten. Die in jener Zeit in Nordwesteuropa lebenden Völker sprachen verschiedene Dialekte der gemeinsamen Sprache ihrer Vorfahren.
Deutsch gehört zur indoeuropäischen Sprachfamilie, die man gewöhnlich als die teutonische bzw. germanische bezeichnet. Man kann aus solchen Bezeichnungen nicht darauf schließen, daß die heutige deutsche Sprache die Ausgangssprache ist oder daß die Deutschen dieselben ethnischen Wurzeln haben wie die Skythen. Das moderne Deutsch ist nur ein Zweig der gemeinsamen Ursprache, was auch für Englisch, Holländisch und die skandinavischen Sprachen gilt. Sie können alle auf eine gemeinsame Ursprache zurückgeführt werden.
H. Munro Chadwick, Professor an der Universität Cambridge, erklärt dies so: „Bis ins 15. Jahrhundert hinein unterschieden sich das Deutsche, Englische und die skandinavischen Sprachen nur leicht voneinander ... Im 15. und den darauffolgenden Jahrhunderten fand eine sehr schnelle Differenzierung innerhalb der nordwestlichen Gruppe statt. Englisch entwickelte sich im allgemeinen auf einer Linie ungefähr zwischen dem Deutschen und dem Skandinavischen, aber mit vielen eigenen Merkmalen. Es scheint, daß sich das Friesische (Holländische) lange Zeit wenig vom Englischen unterschied ... Die Unterschiedlichkeit der Sprachen wurde offensichtlich von der jeweiligen geographischen Lage bestimmt“ (The Nationalities of Europe and the Growth of National Ideologies, 1966, Seite 145).
Gehen wir jedoch 500 Jahre zurück von dem Zeitpunkt, als sich die teutonischen Sprachen zu differenzieren begannen, dann entdecken wir, daß große Teile der Europäer in den östlichen, westlichen und nördlichen Gebieten verwandte Dialekte sprachen, die ihren Ursprung in einer gemeinsamen indoeuropäischen Sprache hatten. Versuchen die Gelehrten, einem bestimmten europäischen Barbarenstamm eine germanische, keltische oder skythische Herkunft zuzuordnen, sind sie oft in einem Dilemma. Die Unterschiede sind häufig nicht klar erkennbar, und eine Zuordnung muß deshalb meist willkürlich vorgenommen werden.
Die alten Römer machten sich selten die Mühe, Sprachen der Barbaren zu lernen. Statt dessen bevorzugten sie Dolmetscher. Aus diesem Grund konnten sie keine Unterschiede erkennen zwischen der Sprache, die die Gallier sprachen, und der Sprache der Menschen, die östlich des Rheins lebten. So wurden alle Barbarenstämme östlich des Rheines von römischen Autoren gewöhnlich als „Germani“ bezeichnet.
Manche Archäologen trennen jedoch deutlich die vorherrschenden Völker Nordeuropas in der Zeit um ca. 500 v. Chr. in die Kelten und die Skyto-Teutonen, wobei diese Unterscheidung mehr geographisch zu sehen ist als kulturell und ethnisch. Je weiter wir die Geschichte zurückverfolgen, um so geringere Unterschiede finden wir zwischen den keltischen und teutonischen Völkern, die in West- und Nordwesteuropa siedelten.
Professor Chadwick schreibt dazu: „Bei jeder Diskussion über den Ursprung der teutonischen [oder germanischen] Sprachen darf man natürlich nie vergessen, daß diese Sprachen nur ein Zweig der indoeuropäischen Sprachen sind ... Diese indoeuropäischen Sprachen waren in dem ganzen Gebiet dieser Sprachen beheimatet, im Gegensatz zu der Region, in der die einzelnen Dialekte ihre eigenen Charakteristiken annahmen. Das gleiche trifft auf die keltischen Sprachen zu ... Keiner zweifelt daran, daß diese Sprachen oder vielmehr die Ursprache, von der sie abstammen, einmal auf ein viel kleineres Gebiet beschränkt war, als es heute der Fall ist“ (Chadwick, Seite 157).
In der letzten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. tauchte eine Völkerschaft plötzlich am Rand des alten assyrischen Reiches auf, genau zu der Zeit und in dem Gebiet, als die zehn Stämme Israels verschwanden. Bis ungefähr ins 4. Jahrhundert v. Chr. blieben die unterschiedlichen Dialekte ihrer gemeinsamen Ursprache ähnlich genug, um sich untereinander leicht verständigen zu können. Die Skythen und Kelten sind durch ihre jeweiligen Sprachen miteinander verwandt. Sind beide Völker auch in anderer Hinsicht verwandt? Gibt es Anzeichen einer starken Beziehung zwischen beiden?
Beziehungen zwischen Skythen und Kelten
Historiker und Archäologen berichten über ein Nordeuropa in den 500 Jahren vor Jesu Geburt, das von zwei verwandten Kulturen beherrscht wurde. Von den Britischen Inseln bis zum Oberlauf der Donau und dem östlichen Rand der Alpen existierte die keltische Hallstatt- und später die La Tène-Kultur (benannt nach bedeutenden archäologischen Fundstätten in Österreich und der Schweiz), während weiter östlich die traditionelle Kultur der Skythen vorherrschte.
Diese östlich gelegene Kultur der Skythen dehnte sich über ein riesiges Gebiet Osteuropas aus und legt Zeugnis für ein Reitervolk ab, dessen Lebensweise für die Steppengebiete, im Gegensatz zu den Bergen und Wäldern Westeuropas, geradezu prädestiniert war.
Die beiden Kulturen ergänzten sich gegenseitig. Beide hatten sich ihrem jeweiligen Lebensraum ideal angepaßt. Vergleichbar mit den Beziehungen zwischen dem modernen Großbritannien und den USA waren auch die der räumlich getrennten Kulturen der Skythen und der Kelten. Die Beziehungen der Menschen untereinander waren so, als hätten sie beide dieselben Vorfahren. Archäologen haben einige bemerkenswerte Stätten keltischer und skythischer Kulturen ausgegraben, die zeigen, wie eng die beiden Völkerschaften miteinander zusammenarbeiteten.
Der Unterschied zwischen beiden Kulturen läßt sich am besten an zwei herausragenden Einflüssen erklären: Das geographische Umfeld war für die Entwicklung jeder Kultur sehr unterschiedlich, ebenso die Struktur der Familienclans in den zehn israelitischen Exilstämmen. Im Rahmen der Gesamtkultur des israelitischen Nordreiches besaß jeder Stamm seine eigene Kultur, der sich wiederum aus einzelnen Sippen zusammensetzte (1. Samuel 10,19; vgl. auch mit 2. Mose 6,14-25; Gute Nachricht Bibel).
Man kann deshalb davon ausgehen, daß die einzelnen Stämme der israelitischen Deportierten auch im Exil ihre kulturellen Eigenarten beibehalten haben. Diese Unterschiede erklären auch die größeren und kleineren Familienverbände, die man unter Skythen und Kelten identifiziert hat.
Der israelische Talmud-Gelehrte Yair Davidy liefert in seinem Buch The Tribes: The Israelite Origins of Western Peoples überzeugendes Beweismaterial, wonach die entwurzelten Israeliten während und auch nach ihrer Gefangenschaft innerhalb des Stammesverbandes ihre Sippennamen bewahrt haben. Nach seinen Recherchen „können überzeugende Beweise sowohl in biblischen, talmudischen, historischen, archäologischen und linguistischen Quellen als auch in der Folklore, der Mythologie und aus nationalen Symbolen und Charakteristiken gefunden werden“ (1993, Seite XIV). Für seine Nachforschungen standen Davidy, der in Jerusalem wohnt, die historischen und biblischen Quellen der Jerusalemer Nationalbibliothek zur Verfügung.
Er stellt fest, daß für die Wege der Israeliten bei ihren Wanderungen die Stammes- und Sippennamen ein Schlüssel sind. In seiner Einleitung faßt er seine Forschungsergebnisse folgendermaßen zusammen: „[Mein Buch] liefert Beweise dafür, daß die meisten der alten Israeliten ihre Herkunft vergaßen und sich fremden Kulturen anpaßten. Im Laufe der Jahrhunderte erreichten sie die Britischen Inseln und Nordwesteuropa, woraus verwandte Nationen [wie z. B. die USA] entstanden.“
Zur umfassenden Information über diesen Aspekt der historischen Wanderungen Israels weisen wir den englischkundigen Leser auf die beiden Bücher von Yair Davidy hin: The Tribes: The Israelite Origins of Western Peoples (1993) und Lost Israelite Identity (1996).
In der Zeit zwischen 200 v. Chr. und 500 n. Chr. lösten feindliche Angriffe und drastische klimatische Veränderungen eine Wanderung der skythischen Sippen von den eurasischen Steppen in die nördlichen und westlichen Gebiete Europas aus. Weitere 1000 Jahre lang tauchten die früheren Skythen im feudalen Europa unter einer Vielzahl von Sippen-Namen abwechselnd als Verbündete bzw. Feinde auf. Dies änderte sich erst, als sich in Europa die einzelnen Nationen, die uns heute bekannt sind, herauszubilden begannen.
Im nächsten Kapitel verfolgen wir die unglaubliche Geschichte der verstreuten Nachkommen des alten Israel weiter: wie sie zu internationalem Ansehen gelangten, so wie Gott es viele Jahrhunderte vorher den Nachfahren Josefs versprochen hatte.