Die Liebe als Lebensprinzip
Ein Leben ohne Liebe ist ein Leben ohne Sinn. Die Liebe ist eine un ab - dingbare Voraussetzung menschlicher Lebensfähigkeit. Im Jahre 1945 stellte der Psychologe René Spitz in einer bahnbrechenden Studie fest, dass Säuglinge aus Liebesmangel sterben können.
Die Studie wurde in einem Krankenhaus durchgeführt, wo „eine Gruppe von Kindern unter drei Jahren ausreichend ernährt und gekleidet wurde, aber aus Personalmangel kaum Zuwendung erhielt. Niemand sprach mit den Kindern, niemand trug sie herum, niemand war zärtlich zu ihnen. Die Folgen waren katastrophal: Binnen zwei Jahren war jedes dritte Kind verstorben und der Rest war geistig behindert . . . Das Fazit lag auf der Hand: Zuwendung ist für den menschlichen Säugling ebenso lebensnotwendig wie Nahrung“ (James B. McKee, Sociology: The Study Of Society, 1981, Seite 79).
Dass der Mensch Liebe braucht, gilt vielen Experten als selbstverständlich. In einem Artikel mit dem Titel „Can’t Do Without Love“ berichtete die amerikanische Wochenzeitschrift U.S. News & World Report von Biologen, die „wissen, dass die Liebe eine zentrale Rolle im menschlichen Dasein spielt . . . Die Fähigkeit, Liebe zu empfinden, ist in unserer Biochemie angelegt und für das Wachsen und Gedeihen unserer Kinder von wesentlicher Bedeutung“ (17. Februar 1997, Seite 58).
Neuere Untersuchungen haben ergeben, dass sogar die Intelligenz von Kindern – und somit ihre Fähigkeit, sich bei vielen Aufgaben auszuzeichnen – in gewissem Maße von Zuwendung und Kommunikation abhängt.
„In letzter Zeit haben Wissenschaftler festgestellt, dass die Neuronenverbindungen, von denen die spätere Kreativität und Intelligenz abhängen, in den ersten drei Lebensjahren hergestellt werden . . . Welche Verknüpfungen entstehen, entscheidet in erster Linie der Umgang mit einem aufmerksamen Erwachsenen. Vom Sehen, Hören, Betasten und Riechen des Erwachsenen, und vor allem von seiner Sprache, die von Augenkontakt begleitet wird, hängt die Vielfalt der Verbindungen im Gehirn des Kindes ab . . . Wer bis zum zweiten Lebensjahr das Spiel mit der Sprache verpasst, wird seine Altersgenossen vielleicht niemals einholen kön nen“ (U.S. News & World Report, 18. August 1997, Seite 92).
Was können wir daraus folgern? Nicht nur die seelische, sondern auch die geistige Entwicklung des Kindes hängt von liebevoller Zuwendung und Kommunikation ab. „Wenn sich liebevolle Erwachsene um Kleinkinder kümmern, werden diese zu lernfähigen und lernwilligen Kindern und Erwachsenen, die den Anforderungen des Lebens gewachsen sind“ (ebenda).
Kindern, denen Zuwendung versagt bleibt, haben es später schwer, sich in der Gesellschaft zu behaupten. Eine Voraussetzung des Lebenserfolges ist nämlich die Liebe der Eltern. „In allem, was für sie wichtig ist, sind Säuglinge auf ihre Eltern angewiesen: Nahrung, Nestwärme, Liebe, Vorbilder an Reife und Erfolg“ (Betty Hart und Todd R. Risely, Meaningful Differences in the Everyday Experience of Young American Children, 1995, Seite 181-182).
Es sind aber nicht nur Kinder, deren Wohl von der Liebe abhängt. Auch Erwachsene leiden, wenn sie zu wenig Liebe bekommen, obwohl sie vielleicht nicht ganz so verletzlich sind wie Kinder: „Das Fehlen von Liebe kann vernichtend sein: Häufig führt der Verlust des Ehepartners den vorzeitigen Tod eines älteren Menschen herbei“ (U.S. News & World Report, 17. Februar 1997, Seite 58).
„Abgebrochene und gestörte Bindungen zu anderen Personen können einen Menschen für Krankheiten an fälliger machen. Bei Alleinstehenden, getrennt Lebenden, Geschiedenen und Verwitweten ist die Todesrate zwei- bis dreimal so hoch wie bei Verheirateten – unter sonst gleichen Bedingungen. Wenn es um Einweisungen in psychiatrische Kliniken geht, sind fünf- bis zehnmal so viel alleinstehende wie ver - heiratete Patienten dabei“ (Robert Ornstein und David Sobel, The Healing Brain, 1987, Seite 119).
Auch das Immunsystem wird durch das soziale Netz gestärkt. Eine neunjährige Studie an 7 000 Einwohnern des Landkreises Alameda in Kalifornien ergab, dass Bindungen zu anderen Menschen vor Krankheit und Tod schützen können: „Man fragte die Leute, ob sie verheiratet seien, wie viele Verwandte und enge Freunde sie hätten, und wie intensiv der Kontakt zu diesen Personen sei . . . Bei denen, die noch nie ver hei ra tet waren oder einen Ehepartner durch Tod oder Scheidung verloren hat ten, oder nur wenige Verwandte und enge Freunde zählten und ein isoliertes Leben führten, war die Todesrate zwei- bis fünfmal höher als bei Menschen mit einem intakten sozialen Umfeld. Diese Feststellung galt gleichermaßen für Männer und Frauen, für Jung und Alt, für Arm und Reich, für jede Rassen- und Volkszugehörigkeit“ (eben da, Seite 122-123).
Mit der Unterstützung von Freunden kann man die Herausforderungen des Lebens leichter bewältigen, wie die Bibel schon seit über 3 000 Jahren erklärt: „So ist’s ja besser zu zweien als allein; denn sie haben guten Lohn für ihre Mühe. Fällt einer von ihnen, so hilft ihm sein Gesell auf. Weh dem, der allein ist, wenn er fällt! Dann ist kein anderer da, der ihm aufhilft“ (Prediger 4,9-10).
Die Bibel und viele Experten stimmen darin überein, dass Bindungslosigkeit das Leben be schwerlich macht. Im Gegensatz dazu wird das Leben durch das gegenseitige Geben und Neh men in einer persönlichen Beziehung bereichert. Persönliche Beziehungen ermöglichen Sinn und Erfüllung im Leben.