Altertümliche nahöstliche Darstellungen der Schöpfung

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Altertümliche nahöstliche Darstellungen der Schöpfung

Viele Menschen denken offensichtlich so. Richard Dawkins, Professor für Zoologie an der Oxford University und überzeugter Atheist, nimmt wie folgt zum biblischen Schöpfungsbericht Stellung:

„Fast alle Völker haben ihre eigenen Schöpfungsmythen hervorgebracht, und die Schöpfungsgeschichte der Bibel ist lediglich der Mythos, der zufällig von einem bestimmten nahöstlichen Hirtenvolk übernommen wurde. Sie hat keinen anderen oder bedeutenderen Status als der Glaube eines bestimmten westafrikanischen Stammes, dass die Welt aus Ameisenexkrementen geschaffen wurde“ (Richard Dawkins, Der blinde Uhrmacher – Ein neues Plädoyer für den Darwinismus, 1990, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, Seite 363). Ist der Schöpfungsbericht der Bibel genauso ein Mythos wie jene anderer antiker Kulturen? Ähneln sie sich?

Vor etwa 5000 Jahren hinterließen die Sumerer Mesopotamiens Berichte ihrer Schöpfungsmythen, eingeritzt auf keilförmigen Tafeln. Die Sumerer betrachteten die Erde als flache Scheibe, mit dem Himmel als Baldachin aus Wolken und Sternen darüber. Sie glaubten, dass Himmel und Erde von zwei Göttern geschaffen wurden: von En, dem männlichen Himmelsgott, und von Ki, dem weiblichen Erdgott.

Diese zwei brachten eine Vielzahl von anderen Göttern hervor, die alle eine besondere Macht und Verantwortung über einen Teil der Schöpfung oder über physische Phänomene (wie Gewitter, Bäume, Berge, Krankheit usw.) erhielten. Sie lebten in einem königlichen Gericht im Himmel mit An, dem obersten Gott, der von vier untergeordneten Schöpfergöttern umgeben war. Unter ihnen war ein Rat von sieben Göttern, denen schließlich weitere 50 untergeordnete Götter folgten.

Alle physischen Erscheinungen konnten von den Priestern als das Ergebnis der besonderen Stimmung oder Laune von einem dieser Götter interpretiert werden. Diese konnten durch Gaben und Opfer besänftigt werden.

Einige Jahrhunderte später besiegten die Babylonier die Sumerer und modifizierten diese Mythen, um ihre eigene Zivilisation hervorzuheben. Jetzt ging alles um Marduk, den hauptverantwortlichen Gott der Babylonier. Er formte die Himmel und die Erde durch Tötung eines weiblichen Gottes, Tiamat genannt. Der babylonische Schöpfungsbericht erzählt:

„Der Gott Apsu und die Göttin Tiamat schufen andere Götter. Später geriet Apsu mit diesen Göttern in Streit und versuchte, sie zu töten, aber stattdessen wurde er vom Gott Ea getötet. Tiamat suchte Rache und versuchte Ea zu töten, aber stattdessen wurde sie von Eas Sohn Marduk getötet.

Marduk teilte ihren Körper in Hälften und machte von einer Hälfte den Himmel und von der anderen Hälfte die Erde. Dann schuf Marduk mit Eas Hilfe die Menschheit vom Blut eines anderen Gottes, Kingu“ (Life: How Did It Get Here?, 1985, Seite 35).

Haben diese bizarren Geschichten irgendeine Ähnlichkeit mit dem biblischen Schöpfungsbericht? Nicht im Geringsten! Die ersten Zivilisationen im fruchtbaren Halbmond des Nahen Ostens hatten ähnliche Schöpfungsberichte, aber nur ein einziger ist frei von frevelhaften Mythen und zeigt einen moralischen und perfekten Gott: die biblische Version.

Im Gegensatz zu den rohen polytheistischen Kämpfen in den alten Mythen ist der Schöpfungsbericht der Bibel zusammenhängend, systematisch, rational und sogar wissenschaftlich. Der Astrophysiker Hugh Ross fasste seine Eindrücke nach seinem ersten Studium des biblischen Berichtes zusammen:

„Die Merkmale [des biblischen Textes] fielen mir sofort ins Auge. Der Text war problemlos, direkt und bestimmt. Ich war erstaunt von der Menge an historischen und wissenschaftlichen Zusammenhängen und den detaillierten Beschreibungen . . . Anstatt einen anderen bizarren Schöpfungsmythos vorzufinden, wurde hier eine fachartikelgerechte Aufzeichnung der Anfangsbedingungen der Erde vom Standpunkt der Astro- und der Geophysik korrekt beschrieben, gefolgt von einer Zusammenfassung des Ablaufes der Veränderungen auf der Erde, die als Folge durch das Auftreten von Lebewesen und letztlich des Menschen eintraten.

Der Bericht war einfach, elegant und wissenschaftlich genau. Von dem, was ich verstand, ausgehend vom Standpunkt eines Beobachters auf der Erdoberfläche, passten sowohl die Reihenfolge als auch die Beschreibung der Schöpfungsereignisse perfekt zu den anerkannten Zeugnissen der Natur. Ich konnte nur staunen“ (The Creator and the Cosmos, 1993, Seite 15).

Es ist völlig natürlich, den Schluss zu ziehen, dass das Verständnis der Schöpfung von Völkern, die sich allmählich vom wahren Schöpfergott distanzierten und in Unmoral versanken, korrumpiert wurde. Ihre eigene Erklärung der Schöpfung nutzten sie dazu, ihre politischen, philosophischen und religiösen Ansichten zu stützen.

Vernon Blackmore und Andrew Page schreiben: „Heute ist der Unterschied zwischen der Genesis der Bibel und dem babylonischen Bericht offensichtlich. Ersterer spricht von einem Gott, der die Welt und die Menschheit durch seinen eigenen Befehl schuf; der andere beschreibt Chaos und Krieg unter vielen Göttern, nach denen schließlich ein Gott, Marduk, die Menschheit aus Lehm und Blut gestaltet hat.

Die geistliche Tiefe und Würde der Genesis übertrifft die polytheistischen Vorstellungen Babylons weit. Doch bis die Geschichte vollständig rekonstruiert worden war, bezeichneten unvorsichtige Gelehrte den Schöpfungsbericht der Bibel als eine Kopie des babylonischen. Sie behaupteten mit Überzeugung, dass die Genesis als Legende einzustufen ist und zu einer Zeit lange nach Moses aufgezeichnet wurde, als sich Israel in babylonischer Gefangenschaft befand . . .

Das Alte Testament ist keine verkürzte, verarmte Wiedergabe noch älterer Babylonier- oder Kanaanitergeschichten. Es gibt mehr Unterschiede als Ähnlichkeiten zwischen den Texten. Die Anfangskapitel der Genesis sind einzigartig. Trotzdem verwenden viele Gelehrte immer noch den Begriff Mythos in Bezug auf Teile des biblischen Materials“ (Evolution: The Great Debate, 1989, Seite 130).